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Zum Jahreswechsel zehn Tage in New York City.
Allein. 
Weil seine Frau Silvester mit ihren Freundinnen feiert.
In der Steiermark.
Im Alleingang entdeckt er die Besonderheiten und Facetten der Stadt jenseits der Wahrzeichen.
Ob er sich auch selbst finden wird?

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LESEPROBE

Der Wecker läutet um 6 Uhr 45, ich stehe sofort auf, mir ist schwindlig und ich habe ein flaues Gefühl im Magen.
Noch vor dem Frühstück gehe ich eine Runde spazieren, um eine Zigarette zu rauchen, dann in den Frühstücksraum.
Der Obstsalat schmeckt gut, passt auch zu bacon and eggs, die Formulierung sunny side up gefällt mir.
Die gebratenen Würfelkartoffeln rühre ich nicht an. Was habe ich heute wieder bei der Bestellung falsch gesagt?

Nach einigen Stationen mit der U-Bahn stehe ich vor dem Bahnhof der Stadt.
Ein imposantes Gebäude, die Halle erinnert mich an eine Kathedrale,
das Tageslicht wirft durch die hohen Glasfenster bunte Spuren auf den Steinboden.
Eine amerikanische Flagge hängt über einem der Fenster. Es sind wenige Menschen hier.
Neben den Fahrkartenschaltern steht eine Gruppe von Polizisten.
Sie unterhalten sich, halten Gewehre vor ihre Körper, tragen Schutzwesten.
Es wundert mich, dass wenige Meter daneben drei weitere Uniformierte patrouillieren, die weder Waffen noch Schutzwesten tragen.
Sie haben dunkelgrüne Hemden an, schwarze Krawatten, beige Hosen mit einer dunkelbraunen Naht an der Seite.
Die Kopfbedeckungen sehen aus wie der Hut von Humphrey Bogart in dem Film Casablanca,
in dem Bogart mit Ingrid Bergman gespielt hat, nur dass diese Hüte beige sind, mit einem dunklen Hutband.
Geleise und die Züge kann ich nicht finden.
Erst als ich die Halle durchquere, erkenne ich Torbögen,
über denen tracks und links und rechts daneben eine Nummer geschrieben steht. Die Gleisbezeichnungen.
Als ich durch einen der Bogen gehe, finde ich einen Zug.
Er sieht aus wie eine Garnitur der Untergrundbahn, nur rot.
Eine Treppe aus Marmor führt in das Obergeschoß zu den Geschäften.
Sie sind geschlossen, weil heute Sonntag ist.
Ich kaufe einen Kaffee im – trotz des Sonntags – geöffneten Starbucks.
Beim Verlassen des Bahnhofs halte ich eine Eisentüre für Soldaten auf, die in die Halle kommen.
Nie wieder, sage ich leise, der Syrienkrieg fällt mir ein, der Name des Präsidenten nicht.
Ich habe Magenschmerzen – sicher von dem Kaffee – und gehe weiter bis zur St. Patrick’s Cathedral.

Die Kirche sieht klein aus wegen der Hochhäuser rundherum.
An einer Fassade daneben ist ein Plakat angebracht: ein junger Asiat, der ein schwarzes Hemd trägt, einen Nasenring und einen Ohrring hat.
Sein Gesicht ist wächsern, die Backenknochen stehen aus dem Gesicht und er hat buschige Augenbrauen.
Kein Firmenzeichen, kein Slogan. Das Plakat ist größer als der Eingang der Kirche.
Im Gebäude frage ich jemanden, wann die nächste Messe sei. Half an hour, sagt er.
Es ist eine gotische Kirche, größer als der Stephansdom in Wien, sonst ähnlich. Aus einer anderen Zeit.
Die Menschen in den Kirchenbänken sehen aus wie die in Wien.
An den Säulen, links und rechts vom Hauptgang, sind Bildschirme angebracht, mehr als 20 auf einer Seite.
Das ist anders als in Wien.
Man sieht den Altar, rote Nelkensträuße davor, Menschen kann ich keine erkennen.
Ich zünde fünf Kerzen in einer Nische an, die Kerzen erinnern mich an Räucherstäbchen.
Ich überlege und zünde eine sechste Kerze an. Man kann ja nie wissen.
Den Text des Vaterunser in englischer Sprache kenne ich nicht, ich bete auf Deutsch, bin sicher, verstanden zu werden,
dann falte ich einen Zehndollarschein zusammen und schiebe ihn in den Schlitz der Holzbox.
Auf dieser steht one candle, one dollar. Mit Trinkgeld, lächle ich und verlasse die Kirche.
Ein Feuerwehrauto mit eingeschaltem Signallicht fährt vorbei,
meine Kameraden fallen mir ein und dass ich schon 20 Jahre in meinem Ort bei der Freiwilligen Feuerwehr arbeite.
Die Kollegen, das sagen sie jedenfalls, schätzen meine Verlässlichkeit,
meine Frau ist da anderer Meinung und seit der Geschichte damals vertraut sie mir nicht mehr so richtig.
Es rollt eine Polizeistreife die Straße entlang.

Es tut mir gut, ein paar Schritte zu gehen, obwohl ich schon lange auf den Beinen bin.
Ich biege in die Straße Richtung Rockefeller Center ab.
Wie hoch es ist, sehe ich nicht, denn der obere Teil ist im Nebel verschwunden.
Der Weihnachtsbaum hat bunte Lichter, eine Christbaumspitze.
Klein sieht sie aus, obwohl ich gelesen habe, dass sie fast drei Meter hoch und mit 25 000 Kristallsteinen verziert ist.
Die Kristalle sind aus Tirol. Wie klein die Welt ist,
die Tiroler mag ich nicht mehr, seitdem mich einer in einer Raststation im Inntal angepöbelt hat.
Ich habe deswegen den Kellner gebeten, die Polizei zu rufen.
Der hat gemeint, dass ich kein Theater machen, mir es mit dem Anderen vor der Türe ausmachen soll.
Dann hat er gelacht.
Der Andere lachte auch und hat zum Kellner ,Danke, Sepp‘ gesagt.

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Informationen zum Buch

Robert Taugwalder
AM ENDE IST ALLES ANFANG
Verlag am Sipbach, ISBN: 978-3-903259-27-0
1. Auflage April 2021
Hardcover, Fadenheftung, Lesebändchen, 120 Seiten, € 22,00

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